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Quo vadis ars?

In zahlreichen Interviews, Corona-Tagebüchern, Kommentaren und Berichten wurde in den letzten Wochen die Situation der Kulturbranche beschrieben und diskutiert. Unsere kommentierte Sammlung von mittlerweile 193 Quellen versammelt Stimmen aus unterschiedlichen Sparten und Medien. So entsteht ein Bild der Kulturlandschaft in der Krise, deren zeitliche Wandlung interaktiv über eine eigene Tag-Cloud erdkundet werden kann.


 

Kultur ist kein Sahnehäubchen . Warum wir Theater, Kino und Buchhandlungen jetzt sofort öffnen müssen

by Alexander Skipis (23 Feb 2021)
Original source: FAZ

Mit dem von Aristoteles in seiner Poetik eingeführten Begriff der Katharsis geht der Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Alexander Skipis, in der Kulturgeschichte sehr weit zurück, um die Auswirkungen der Pandemie auf die Bevölkerung zu beschreiben. Die Befreiung von starken Gefühlen durch die Spiegelung und das Miterleben in Kunst und Literatur ist während des Lockdowns nur sehr eingeschränkt möglich. Auch wenn die Politik versucht, die ökonomischen Ausfälle der Kulturschaffenden a uszugleichen, so gelingt es nicht, die mit dem Begriff der Katharsis umschriebenen Entlastungsfunktionen für die Konsumenten zu ermöglichen. Sein Plädoyer für die schnelle Öffnung der Kultureinrichtungen und Buchhandlungen verbindet Skipis daher mit einer Warnung vor den mentalen Schäden der Gesellschaft, die die Pandemie bereits ausgelöst hat und deren Ausmaße bislang nicht abzusehen sind.

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tag Lockdown Systemrelevanz Katharsis
Alle Sparten Kommentar

Der deutsche Staat verachtet Selbstständige und Kreative

by Sascha Lobo (09 Dec 2020)
Original source: Der Spiegel

Warum erhalten Solo-Selbständige in der Krise so wenig Unterstützung durch die GroKo? Diese Frage beschäftigt den Autor und Strategieberater Sascha Lobo in seiner Kolumne. Ausgehend von einem Interviews mit dem SPD-Politiker und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, in dem dieser darauf verwiesen hat, dass die Corona-Hilfen Mittel der Solidargemeinschaft sind. Da die Selbständigen bislang in keine Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben, sind sie nun auf Transferleistungen des Staates angewiesen.  Aus diesem Grund fordert er im In terview eine Versicherungspflicht für Selbständige.
Was sich auf den ersten Blick plausibel anhört, erweist sich bei genauerem Hinsehen als Versuch, Selbständigkeit in Deutschland einzudämmen. Grundsätzlich leisten die Selbständigen einen wichtigen Beitrag zur Solidargemeinschaft, indem die Rentenkasse seit Jahren zu einem Drittel mit Steuermitteln aufgefüllt wird, da die Rentenversicherung sonst pleite wäre. Die Selbständigen bezahlen also für eine Leistung, die sie selbst nicht erhalten. Eine Arbeitslosenversicherung für Selbständige ist seit der Jahrtausendwende immer wieder im Gespräch, allerdings wurde sie nie umgesetzt. Das Versäumnis, nicht Festangestellte in Sozialsysteme einzubinden, wird nun aber ins Gegenteil verwendet, da vor allem den Solo-Selbständigen vorgeworfen wird, Transferleistungen – d.h. Leistungen ohne Gegenleistungen – in Anspruch zu nehmen. Dass auch Selbständige Steuerzahler sind, wird stillschweigend übergangen. Auch der Hinweis des Finanzministers Olaf Scholz, dass die in der Pandemie besonders gebeutelten Solo-Selbständigen mit aller Kraft unterstützt werden, ist nicht mehr als ein Lippenbekenntnis. Insgesamt 5.000 Euro werden ihnen bis zum kommenden Sommer angeboten, um ihre massiven Umsatzeinbußen aufzufangen. Novemberhilfen erhalten nur direkt betroffene Selbständige. Da aber gerade die Selbständigen divers aufgestellt sind, fallen sie schnell unter die 80 Prozent-Grenze, d.h. wenn sie weniger Umsätze mit direkt oder indirekt von Lockdown betroffenen Unternehmen erzielt haben, erhalten sie keine Unterstützung. Dabei sind es gerade die Solo-Selbständigen, die mit Innovationen die Wirtschaft voranbringen und unter Umständen so den Grundstein für große Unternehmen legen. Aber erst wenn Selbständige Festanstellungen generieren, erhalten sie die Anerkennung des Staates in Form von Milliardenhilfen, Staatskrediten oder Kurzarbeit.
Wie wenig die Arbeit von Kreativen und Selbständigen geachtet wird, zeigt Lobo am Beispiel der Autorin und Regisseurin Anika Decker auf. Sie hat das Buch des Megaerfolgsfilms »Keinohrhasen« geschrieben, wurde aber am Erfolg von der Produktionsfirma nicht beteiligt. Der verwertende Konzern wurde nun dazu verurteilt, die kreative Arbeit der Autorin zu honorieren, dennoch zeigt das Beispiel, wie wenig Kreativität in Deutschland geschätzt wird.
Warum hat in Deutschland die Selbständigkeit nach wie vor den Ruf unsolidarisch und irgendwie unseriös zu sein? Festanstellung hingegen wird als heilig angesehen? Ein wichtiger Grund hierfür liegt darin, dass zu viele Selbständige unsere sozialen Absicherungssysteme zu Fall bringen könnten. Ab 50 Prozent Steuermittelzuzahlung zur Rentenkasse, könnten Selbständige das System der Rente kippen, da es gegen das Gleichbehandlungssystem des Grundgesetzes verstößt. So wird ihnen wohl auch in Zukunft kein würdiges Instrument zur Altersabsicherung angeboten, stattdessen müssen sie sich Unsolidarität vorwerfen lassen.

 

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tag Festanstellung Stephan Weil Solidarität Solo-Selbständige Arbeitslosenversicherung Olaf Scholz Novemberhilfe Wertschätzung Konzerne
Alle Sparten Statement

Stille mit Vorsatz . Verbale Aufrüstung schlägt nötige Differenzierung: zur Kritik der Kulturbranche am zweiten Shutdown

by Hartmut Welscher, Christian Koch (04 Nov 2020)
Original source: VAN Magazin für klassische Musik

Dass der November-Lockdown Kunst und Kultur besonders hart trifft, obwohl hervorragende Hygienekonzepte zum Schutz des Publikums ausgearbeitet wurden, spaltet die Kulturwelt. In offenen Briefen und Beiträgen in Zeitungen und sozialen Medien wurde der Unmut zum Ausdruck gebracht. Nur wenige ausgewogene Stimmen sind aktuell zu vernehmen. An dieser Situation sind Bundes- und Landesregierungen nicht unschuldig, haben sie es doch mit ihrer unzureichenden Begründung, welche Kultur- und Wirtschaftsbereiche geschlossen werden und welche weiterhin geöffnet haben d& uuml;rfen, für Unmut gesorgt. Wie bereits im März fühlen sich viele Kulturschaffenden von der Politik und der Zuordnung zu den nicht-systemrelevanten Berufen gekränkt und in ihrer Funktion für die Gesellschaft nicht wertgeschätzt. Viele schlossen sich nun dem Statement des Trompeters Tim Brönner an, der beklagte, dass die Kulturbranche keine Lobby habe, und versuchten sich Gehör zu verschaffen. Die verbale Aufrüstung verdeckt allerdings, dass Pandemie für die Künstler*innen eine zweifache Bedrohung darstellt: neben der materiellen Bedrohung finden sich viele zunehmend in einer Sinn- und Identitätskrise, wenn sie nicht mehr auftreten, nicht mehr mit Publikum interagieren dürfen. Und so verschaffen sich Künstler*innen aktuell lautstark Gehör, finden damit aber noch keine Orientierung. Dies betrifft nicht nur die Kultur, sondern auch die Politik, die aktuell eher ein Vorwärtsstolpern, denn ein gezieltes Lenken der Prozesse auszeichnet. Und so weckt es bei den Autoren Unbehagen, wenn Finanzminister Olaf Scholz immer neue Hilfsprogramme zugesteht. Die öffentlichen Mittel sind begrenzt, erste Kommunen legen schon den Rotstift an.
Für den Kulturbetrieb stellt sich nun die Frage, wo die Entwicklung hingeht. Ein Zurück zum Status quo wird es kaum geben – zumal dieser auch vor der Krise kein guter war. Viele Musiker*innen waren zu Beginn der Pandemie froh, dem »Hamsterrad des globalen Wettbewerb- und Konkurrenzdrucks entkommen« zu sein. Kann nicht die Quantität der Qualität ein Stück weit das Feld überlassen? Damit könnte der Kulturbetrieb zugleich seinen Beitrag zur Lösung der ökologischen Frage leisten.

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Musik Bericht

War’s das mit dem Wumms? . Aktionsplan und Stellungnahme des Netzwerk Autorenrechte (NAR) zum Konjunkturpaket „NEUSTART KULTUR“

by Netzwerk Autorenrechte (05 Jun 2020)
Original source: Netzwerk Autorenrechte

Das von der Bundesregierung am 3. Juni verabschiedete Konjunkturpaket soll laut Finanzminister Olaf Scholz mit einem »Mit Wumms aus der Krise« führen. Das Netzwerk Autorenrechte hat das für die Kultur- und Kreativwirtschaft vorgesehene Programm NEUSTART KULTUR daraufhin geprüft, welche Unterstützung es der Buchbranche und vor allem den Autor*innen und Übersetzer*innen anbietet. Die Bilanz ist im Anbetracht der Wertschöpfung der Branche, die hinter der Automobilindustrie an Nr. 2 im Branchenvergleich steht, ernüchte rnd. Die Aufteilung auf die verschiedenen Sektionen der Kultur- und Kreativwirtschaft lässt zudem vermuten, dass Autor*innen und Übersetzer*innen in Hartz IV abgedrängt werden, da Solo-Selbständige ohne laufende Fixkosten in keines der vorhandenen Förderformate passen. Aus diesem Grund fordert das Netzwerk ein umfassenderes Hilfspaket das unter anderem  »ein ABGESAGT-FONDS, ein COMEBACK-Fonds, ein LITERATUR-ONLINE-Fonds sowie ein LESEN!-Fonds« enthält.
Diese Gestaltung mit unterschiedlichen Formaten würde auch der Tatsache Rechnung tragen, dass die Buchbranche längerfristig von den Folgen der Corona-Krise betroffen sein wird. Verlage haben schon jetzt angekündigt, im Herbst nur ein reduziertes Programm zu veröffentlichen. Um dieses erfolgreich vermarkten zu können, werden hier vor allem die bekannten Autor*innen zum Zuge kommen. Damit erschwert sich nicht nur der Marktzugang für junge Autor*innen, sondern darüber hinaus werden Einnahmen durch Lesungen, Verwertungsverträge, Zuschüsse und Tantiemen als Einkommensquellen wegfallen.
Nicht nur in Anbetracht der Wirtschaftsleistung der Buchbranche und der kulturellen Bedeutung der Literatur, sondern auch aus Gründen der Bibliodiversität darf an dieser Stelle nicht gespart werden.

 

 

 

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Bei facing arts handelt es sich um ein non-profit-Projekt, das Sie gerne unterstützen können. Nutzen Sie dazu unser Kontaktformular – wir setzen uns gerne mit Ihnen in Verbindung!

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Facing arts ist ein Projekt von STORM.

STORM spielt als Akronym mit den Namen Miriam Seidler und Tim Otto Roth, die wie viele anderen Freischaffende von der Corona-Krise betroffen sind. Miriam Seidler ist promovierte Literaturwissenschaftlerin. Sie publizierte u.a. ein Übersichtswerk zum Alter in der zeitgenössischen Literatur und ist Herausgeberin der Buchreihe Ästhetische Signaturen. Neben ihrer freien wissenschaftlichen Forschung arbeitet sie aktuell als Lektorin und Fachfrau für Öffentlichkeitsarbeit. Tim Otto Roth ist promovierter Kunst- und Wissenschaftshistoriker, Konzeptkünstler und Komponist. In seiner künstlerischen Arbeit ist er vor allem bekannt durch Großprojekte im öffentlichen Raum, Kooperationen mit führenden Wissenschaftseinrichtungen und seine immersiven Licht- und Klanginstallationen.
Miriam Seidler und Tim Otto Roth arbeiten schon seit vielen Jahren immer wieder in unterschiedlichen Projekten zusammen. Neben gemeinsam kuratierten Ausstellungen hat Miriam Seidler das Projektmanagement für Roths immersive Licht- und Klanginstallation [aiskju:b] und die Pressearbeit für verschiedene Projekte übernommen. Mit facing arts realisieren sie ihr erstes künstlerisches Werk.
Weitere Informationen zu den beiden Projektinitiatoren erhalten Sie unter www.miriamseidler.de bzw. www.imachination.net.

Ein besonderer Dank gilt Paco Croket für die Programmierung der Tag Cloud!

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